WIR HELFEN MENSCHEN.

Presse-Info 05.03.2024

Die Scham sich zu „outen“ ist groß

Caritas Mülheim bestätigt eine Zunahme finanzieller Notlagen bei älteren Menschen

Die Beraterinnen der Caritas Mülheim signalisieren, dass sich vermehrt ältere Menschen via Telefon oder in Begleitung von vertrauten Menschen persönlich melden, um ihre finanzielle Notlage darzulegen. Die Beraterinnen nehmen hierbei eine große Scham wahr, um nach Unterstützung zu fragen und Hilfeangebote anzunehmen. Die Scham bezieht sich sowohl auf die Hilfeanfrage als auch auf die Sorge, dass Nachbarn und andere Mitmenschen von der Armut erfahren könnten. Man wolle nach all den Jahren, in denen man für sich selbst gesorgt habe, niemandem zur Last fallen. Erst als letzter Ausweg wird die Caritas aufgesucht. Oftmals stellen die Beraterinnen auch fest, dass die Möglichkeiten der Beratung gar nicht bekannt waren.

Das Thema „Altersarmut“ ist der Caritas Mülheim seit Jahren bewusst. Das Spendenprojekt "Versteckte Not" wurde aus diesem Grund ins Leben gerufen.

Die Erfahrungen in den Beratungsdiensten machen deutlich, dass neben Scham und mangelnder Information, auch die eingeschränkte Mobilität, demenzielle Veränderung und fehlende digitale Kompetenz weitere Gründe für die Nicht-Beantragung der zustehenden Sozialleistungen sein können. Die Folgen sind vielfältig: mangelnde Versorgung, Rückzug, Isolation und fehlende Teilhabe. Ganz konkret berichtet eine Beraterin von einem Fall in der letzten Woche: eine Nachbarin bittet die Caritas um finanzielle Unterstützung für einen älteren Herrn im Haus, weil es ihm offensichtlich an allem fehlt. Die Sozialarbeiterin der Caritas bittet die Nachbarin, den Mann zu motivieren doch einen Termin bei der Allgemeinen Sozialberatung wahrzunehmen. Der Mann kam nicht, weil er sich schämte.

Aus der Wohnungsnotfallhilfe der Caritas wird berichtet, dass vermehrt ältere Menschen in die Beratungsstelle kommen, die mit ihrem geringen Einkommen die Wohnungskosten nicht stemmen können. Es ist nahezu unmöglich, als betagter Mensch ohne familiäre Unterstützung, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug zu stemmen.

Vor einigen Wochen waren zwei Senioren in der Beratung, die ihre Wohnung tatsächlich verloren haben und deren Wohnungen letztlich auch geräumt wurden. Beiden haben keine Ersatzwohnung gefunden und sind nun obdachlos. Sie sind erst nach der Räumungsklage und damit mit vollstreckbarem Urteil zur Caritas Beratung gekommen. Zu einem früheren Zeitpunkt hätte man vielleicht noch Schlimmeres verhindern können. „Jeder in Not kann zu uns kommen, wir vermitteln Hilfe, lindern akute Notlagen und suchen im Beratungsgespräch nach Lösungswegen. Doch es braucht mehr Ressourcen! Unsere Beraterinnen in der Allgemeinen Sozialberatung und in der Wohnungsnotfallhilfe haben nur einen geringen Stellenumfang und arbeiten am Limit. Die wenigen Stunden, die zur Verfügung stehen, sind durch Kirchenmittel finanziert. Es bräuchte auch ein kommunales Engagement, um der steigenden Nachfrage nach Hilfen für Seniorinnen und Senioren gerecht zu werden,“ so Georg Jöres vom Vorstand der Caritas Mülheim.